Fragen und bündnisgrüne Antworten: Fuß- und Radfahrer in den Fokus nehmen – Transparenz und Mitsprache stärken
In diesem Jahr soll das Straßenbauprogramm der Gemeinde noch vollständig überarbeitet werden. Die noch nicht ausgebauten Anliegerstraßen sollen nach einem Beschluss der Gemeindevertretung kategorisiert werden in zum Bau vorgesehene Straßen, Straßen, die abhängig von einem Votum der Anlieger gebaut werden könnten und Straßen, deren Befestigung im Rahmen dieses Straßenbauprogramms nicht mehr vorgesehen werden soll. Der Ausschuss für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz hat hierzu nach einer Abstimmung eine Kategorisierung vorgenommen. Die Kosten des Ausbaus haben zu 90 Prozent die Anlieger zu tragen. Das Vorgehen und die Notwendigkeit des Ausbaus der Anliegerstraßen wird schon seit Jahren emotional diskutiert und auch uns erreichen hierzu die unterschiedlichen Fragen. Rüdiger Haas, Vorsitzender des Ortsverbandes von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und Tobias Rohrberg (Bündnis 90/DIE GRÜNEN), Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz haben die bündnisgrünen Antworten hierzu zusammengetragen. Das gesamte bündnisgrüne Fragen-Antwort-Papier gibt es hier. Einige Fragen und Antworten sind zum Beispiel:
„Das Straßenausbauprogramm steht seit Jahren fest. Es ist ungerecht, wenn jetzt einzelne Straßen nicht gebaut werden, weil sich zum Beispiel die Anlieger mehrheitlich gegen den Ausbau aussprechen.“
Das Straßenbauprogramm umfasst ausschließlich sogenannte Anliegerstraßen. Laut Definition handelt es sich dabei um Straßen, die hauptsächlich für den Zugang oder die Zufahrt zu dem an ihr gelegenen Grundstücke dienen. Aus diesem Grund können die Kommunen für die erstmalige Erschließung nach dem Baugesetzbuch (§ 127 BauGB) von den Anliegern Beiträge erheben. In den vergangenen Jahren wurde das Ausbauprogramm immer wieder angepasst. Zahlreiche Straßen wurden komplett von der Liste gestrichen, weil sich Bürgerinnen und Bürger gegen den Ausbau gewehrt haben (z.B. zuletzt im Jahr 2019 die Kleine Fließstraße in Eggersdorf) oder der Ausbau nicht für vermittelbar angesehen wurde. Wir hätten uns schon viel früher eine nachvollziehbarer Linie gewünscht: Grundsätzlich sollten die Anlieger immer mehrheitlich über den Ausbau ihrer Straße entscheiden. Wer bezahlt, sollte auch bestellen. Lediglich dann wenn auf Basis eines integrierten Verkehrskonzeptes für den Fuß-, Rad- und Autoverkehr sowie den ÖPNV einer Anliegerstraße eine übergeordnete Bedeutung (z.B. für einen sicheren Schulweg, etc.) zugemessen würde, sollte die Gemeindevertretung den Ausbau auch unabhängig vom Anliegervotum durchsetzen. Im Gegenzug sollte der Kostenanteil der Gemeinde am Ausbau für solche Fälle höher ausfallen (z.B. 30 Prozent anstatt 10 Prozent). Die Vergangenheit können wir nun nicht mehr ändern. Wir setzten uns jetzt aber dafür ein dieses Prinzip im neuen Straßenbauprogramm zu verankern, da es transparent, gerecht, nachvollziehbar und vor allem verkehrspolitisch zielführend wäre.
„In den meisten Fällen geht es diesen Bürgern nicht um den Ausbau, sondern um die finanzielle Belastung, die ein Ausbau der Straße mit sich bringt.“
Wir halten es für nachvollziehbar, dass sich Bürgerinnen und Bürger insbesondere auch wegen massiv gestiegenen Baukosten gegen den Ausbau wehren. Nicht jeder kann und will problemlos diese Kosten schultern, überhaupt dann wenn die Notwendigkeit des Ausbaus nicht gesehen wird. Auch bei der Kostenfrage gibt es keine Gerechtigkeit. Wurde eine Straße vor zehn Jahren ausgebaut so war diese wegen viel geringeren Baukosten für die Anlieger im Vergleich zu heute verhältnismäßig günstig. Es bleibt daher aus unserer Sicht am gerechtesten, wenn die Anlieger selbst mehrheitlich über den Ausbau ihrer Straße entscheiden.
„Die Kriterien im neuen Straßenausbauprogramm sind nicht nachvollziehbar, nach denen die einen Anlieger über den Ausbau mitentscheiden dürfen (Kategorie B) und andere Straßen hingegen ohne Mitentscheidungsmöglichkeiten ausgebaut werden sollen (Kategorie A).“
Ja, auch wir halten die Eingruppierung für schwer nachvollziehbar. Hinter der Einsortierung in einzelne Kategorien stehen individuelle Einschätzungen von Gemeindevertreterinnen und – vertretern sowie der Verwaltung zum Verdichtungspotential, zur verkehrlichen Bedeutung, zur Zentralität oder zur Einbindung in das umliegende Straßennetz. Diese mögen für sich alle berechtigt sein, aber die Akzeptanz des Straßenbauprogramms setzt für uns die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungsfindung für alle Bürgerinnen und Bürger voraus. Wir hätten uns daher ein integriertes Verkehrskonzept gewünscht, mit dem die Ziele der Verkehrsentwicklung transparent festgelegt (z.B. Steigerung des Rad- und Fußverkehrs, Ausbau ÖPNV) und daraus dann eine Kategorisierung für einzelne Straßen zur Zielerreichung nachvollziehbar abgeleitet worden wären.
„Von einer ausgebauten Straße würden insbesondere auch die Kinder profitieren, da sie dann mit ihren Skateboards, Rollern, Inlineskatern oder zum Kreide malen die befestigte Anliegerstraßen nutzen könnten.“
Es wäre außerordentlich zu begrüßen, wenn in den Anliegerstraßen spielende Kinder Vorfahrt vor den Autos genießen würden. Die Rechtslage ist jedoch eine andere. Unsere Anliegerstraßen sind in der Regel ohne Gehweg ausgebaut und mit dem Verkehrsschild „Tempo-30-Zone“ beschildert. Hier gilt „wird [von Personen] die Fahrbahn benutzt, muss innerhalb geschlossener Ortschaften am rechten oder linken Fahrbahnrand gegangen werden“ (§25 Abs. 1 Satz 3 StVO). Autos genießen hier nach der Straßenverkehrsordnung also Vorfahrt. Eine Straße müsste als verkehrsberuhigter Bereich ausgewiesen werden (Verkehrszeichen 325.1 – Erwachsener mit Kind und Ball auf blauem Grund). Nur hier hätten spielende Kinder Vorrang und die Geschwindigkeit des motorisierten Verkehrs müsste entsprechend angepasst werden. Wir setzten uns für die Einrichtung solche verkehrsberuhigter Bereiche in Wohngebieten ein, die auch baulich entsprechend gestaltet sind und dadurch den Verkehrsfluss bremsen. Dies ist jedoch bislang großflächig nicht in der Gemeinde vorgesehen – auch nicht in dem jetzigen Straßenbauprogramm. Ein Straßenausbau beschleunigt hingegen erst einmal den motorisierten Verkehr, stärkt dessen privilegierte Stellung gerade auch auf Kosten spielender Kinder. (rbg)