Der Kleine Giebelsee in Petershagen hat wie zahlreiche Gewässer in der Umgebung mit einem sinkenden Wasserstand zu kämpfen. Die geschlossene Wasserfläche ist verschwunden. Den schleichenden Wasserverlust vor Augen, wird seit Jahren in der Gemeindevertretung über Gegenmaßnahmen diskutiert. Alles ausbaggern, Niederschlagswasser aus der Umgebung einleiten oder dem natürlichen Lauf der Klimaveränderung freie Bahn lassen? Nun liegt ein Gutachten zu unterschiedlichen Restaurierungsvarianten vor und versucht Klarheit zu verschaffen. Für uns steht fest: die klimatisch bedingten Veränderungen der Natur, Umwelt und des Grundwasserspiegels können wir nicht wegbaggern. Eingriffe müssen behutsam und von dauerhafter Wirkung sein. Das bisher weitgehend unzugängliche Biotop müssen wir vor neuen Begehrlichkeiten schützen. Weicht das Wasser, kommt der Mensch: eine neue Schneise soll nun als Weg durch das Biotop zwischen Bahnhofsparkplatz und Kreisverkehr geschlagen werden. Die sich verändernde Natur schützen, anstatt sie noch weiter zu zerstören – das ist unsere Anliegen.
Offene Wasserfläche wegen Wassermangel unwahrscheinlich
Beständig weisen wir auf die Auswirkungen der Klimaveränderung für unser Doppeldorf hin. Egal ob bei der Diskussion um einen Klimamanger*in, das Klimaleitbild oder der Entwicklung von klimafreundlichen Verkehr die Widerstände in der Gemeindevertretung sind stets groß. Sie reichen von der Leugnung des menschgemachten Klimawandels bis hin zum Bagatellisieren des Problems für unsere Gemeinde. Was nicht sein darf, soll weggebaggert werden. Trotz erheblicher gutachterlicher Zweifel kursieren Vorschläge den gesamten See auszubaggern, um wieder eine große Wasserfläche herzustellen. Ignoriert werden sollen die mittels Bohrungen von einem Ingenieurbüro gewonnen Erkenntnisse.
„Angesichts des vermutlich weiter zunehmenden Wassermangels in Brandenburg stellt sich die Frage, ob die nachhaltige Sicherung einer offenen Wasserfläche auf dem Niveau der vergangenen Jahrzehnte überhaupt möglich ist“, schreiben die Gutachter. „Ein denkbarer Kompromiss, der sowohl dem Wunsch nach einem erlebbaren See als auch den Belangen des Naturschutzes Rechnung trägt, wäre die Beschränkung der Sedimententnahme auf eine Teilfläche des Sees.“ Aber auch bei dieser Kompromisslösung bleibt es ungewiss, ob die Wasserfläche dauerhaft zu halten ist, da der Grundwasserspiegel nur knapp über dem ausgebaggerten Seeboden verlaufen wird. Die Gefahr ist groß, dass bei ausbleibenden Niederschlägen das Seewasser seitlich in den trockenen Boden sickert. Die Folge: die Wasserfläche verschwindet erneut. Abgeraten wird hingegen davon den See noch tiefer auszubaggern, da ansonsten eine Stauschicht zerstört werden würde. Zudem kommt eine zweite Unwägbarkeit hinzu. Die Bohrungen für das Gutachten wurde im Februar 2021 vorgenommen und führten im Ergebnis zu deutlichen Abweichungen zu den Zahlen des Landesamts für Umwelt (LfU) von 2015: „Hieraus ergibt sich ein gegenüber den Daten des LfU gegensätzliches Bild mit einerseits relativ hohen Wasserständen und vor allem einer gegenläufigen Fließrichtung“. Der Gutachter ermitteln demnach sechs Jahre später einen um ein bis zwei Meter höheren Grundwasserstand als 2015. Ob es sich hierbei um eine Momentaufnahme oder um ein dauerhaftes Phänomen handelt, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden.
Genehmigung des Gehwegs aus Naturschutzgründen zweifelhaft
Auch wenn das Wasser weicht, bleibt das Gebiet ein Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen. In einem Gesprächsvermerk mit der Unteren Naturschutzbehörde heißte es deswegen auch: „Der kleine Giebelsee ist ein gesetzlich geschütztes Biotop, die Maßnahme ein Eingriff in Natur und Landschaft, die naturschutzfachliche Eingriffsregelung ist daher abzuarbeiten.“ Die staatlichen Naturschützer begrüßen deswegen auch ein Eingriff nur in einen Teil des Sees, so dass der hintere Bereich auch während den Arbeiten als Rückzugsgebiet erhalten bleibt. Zu dem Bau eines Weges wird kritisch angemerkt: „Die Anlage eines Gehweges kann, wenn er sich auf der Linie der bereits genutzten Trasse befindet und in wassergebundener Decke unter Verwendung ausschließlich natürlicher Baustoffe angelegt wird, zulässig sein. Wenn der Weg weniger als 5 m vom Ufer entfernt verläuft, ist eine wasserrechtliche Genehmigung erforderlich. Der geplante Weg ist in die Eingriffs- Ausgleichsbilanzierung mit einzubinden.“ Scheinbar wurde gegenüber der Naturschutzbehörde von Seiten der Gemeinde der Eindruck erweckt, dass es bislang eine bestehende und genutzte Trasse gab. Der Durchgang war jedoch in den vergangenen Jahren stets unpassierbar und wurde erst in den letzten Monaten zu Besichtigungszwecken freigeschnitten und von Todholz befreit. Anstatt die schon gebeutelte Natur mit einem Weg noch weiter zurückzudrängen, sollte auf den Bau der 70.000 Euro teuren Verbindung verzichtet werden und das Geld zum Beispiel in den wirklich notwendigen Radwegebau investiert werden.
Die Restaurierung des vorderen Teils des Kleinen Giebelsees schlägt mit 168.000 Euro zu Buche. Dies können wir mittragen, um wieder ein aus Rückzugsraum und Wasserfläche bestehendes gemischtes Biotop herzustellen. Der Ort erhält, wenn es gelingt, wieder einen Dorfteich zurück. Der Verzicht auf den Bau des Weges, der den umgestalteten Naturraum beeinträchtigt, ist dafür aber für uns eine Voraussetzung. Am Ende könnte dies ein gangbarer Kompromiss zwischen bekanntem Ortsbild und Naturschutz sein.
Beschlussvorschlag im August erst einmal zurückgezogen
Im August 2021 haben alle betroffenen Ausschüsse der Gemeindevertretung zu dem Vorschlag des Bürgermeisters den vorderen Teil auszubaggern und einen Weg zu bauen beraten. Im Umweltausschusses stimmten drei Mitglieder dafür bei einer Gegenstimme des Vertreters von Bündnis 90/DIE GRÜNEN und einer Enthaltung. Im Hauptausschuss gab es ein Patt mit drei Ja- und drei Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Der Bürgermeister hat im Ergebnis die Vorlage zur Klärung weiterer Fragen zurückgezogen. Deswegen stand diese nicht Ende August in der Gemeindevertretung zur Abstimmung, sondern soll zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgerufen werden. Die Diskussion über die Zukunft des Kleinen Giebelsees ist in vollem Gange. TR