Beanstandung des Bürgermeisters zurückgewiesen
Die Gemeindevertretung hat in ihrer Sitzung am 30. Januar die Beanstandung des Beschlusses zum Erhalt der Poststelle und zur Entwicklung des Grundstücks in der Lindenstraße durch den Bürgermeister zurückgewiesen. Seine Einwände, dass das Votum der Gemeindevertretung rechtswidrig gewesen sei, wurde mehrheitlich nicht geteilt. Nun muss die Kommunalaufsicht darüber entscheiden, ob der Bürgermeister verpflichtet ist den Beschluss umzusetzen. Da das Mietverhältnis mit dem jetzigen Betreiber der Post zum Ende des letzten Jahres ausgelaufen ist, wird diese Entscheidung darauf leider keinen Einfluss mehr haben. Hier wurde offensichtlich bewusst auf Zeit gespielt. Auch dies wurde in der Sitzung von uns gegenüber dem Bürgermeister kritisiert.
Folgende weitere Gründe wurden von Seiten der Gemeindevertreter vorgebracht.
Umfangreiche Abrissarbeiten gehören nicht zur „laufenden Verwaltung“
Die Zuständigkeit des Bürgermeisters als Hauptverwaltungsbeamten besteht gem. § 54 Abs. 1 Ziffer 2 BbgKVerf im Wesentlichen darin, Beschlüsse der Gemeindevertretung und des Hauptausschusses auszuführen, im Übrigen aber gemäß Ziffer 5 die Geschäfte der laufenden Verwaltung zu führen. Geschäfte der „laufenden Verwaltung“ sind grundsätzlich nur solche, die weder sachlich, politisch noch finanziell von grundsätzlicher Bedeutung sind und im Regelfall nach „feststehenden Regeln“ erledigt werden können. Es soll sich dabei auch um Geschäfte handeln, die mit einer „gewissen Häufigkeit“ auftreten. Der Abriss von Gebäuden, die im Eigentum der Gemeinde stehen, ist davon nicht erfasst.
Die Beanstandung selbst bezieht sich darauf, es habe bereits einmal „im Jahre 2009“ ein Abriss gegeben, dessen Ausführung durch den Bürgermeister allein im Ergebnis beanstandungsfrei geblieben sei. Dies dürfte nur insoweit zutreffen, wie der seinerzeitige Haushalt eine entsprechende Position enthielt, die damit bereits Gegenstand des Beschlusses der Gemeindevertretung war.
Seither ist ein Zeitraum von 10 Jahren verstrichen, was allein bereits der „Wiederkehr mit einer gewissen Häufigkeit“ widerspricht. Die im Rahmen der Beanstandung erwähnten weiteren Abrissarbeiten, die „öfter mal“ erfolgt seien, werden weder konkret benannt, noch dürften diese von mehr als nur geringfügiger Bedeutung gewesen sein.
Die Beanstandung weist darauf hin, dass sich die auf dem Grundstück Lindenstraße 21/22 im OT Petershagen befindlichen Baulichkeiten in einem Zustand befänden, der „allein einen Abriss oder aber eine grundhafte und mit einem Neubau vergleichbare Sanierung“ zulasse. Genau diese Entscheidung aber bleibt der Gemeindevertretung vorbehalten und ist keineswegs eine Angelegenheit der „laufenden Verwaltung“. Dies gilt umso mehr, als der Bürgermeister bereits vor geraumer Zeit angekündigt hat – und hieran auch festhält -, dass das erwähnte Grundstück nicht der im aktuellen Bebauungsplan vorgesehenen Nutzung als Verkehrsfläche zugeführt werden soll, sondern einer zumindest teilweisen Bebauung, hinsichtlich deren Zulässigkeit ein Änderungsverfahren im Hinblick auf den aktuellen Bebauungsplan erst noch durchzuführen wäre.
Der beanstandete Beschluss ergibt im Hinblick auf etwaige Sicherungsmaßnahmen schon dem Wortlaut nach nicht, dass der Bürgermeister etwa daran gehindert wäre, solche Arbeiten zur Ausführung zu bringen.
Die Frage etwa entstehender Abrisskosten ist für die vorstehende Fragestellung irrelevant, auch etwaige Zuständigkeitsabgrenzungen zwischen dem Hauptausschuss und der Gemeindevertretung. Auch wenn die Gemeindevertretung nach § 28 Abs. 2 der BbgKVerf keine zwingende Zuständigkeit hätte, somit also der Hauptausschuss zuständig wäre, bleibt es der Gemeindevertretung nach Abs. 3 unbenommen, über alle Angelegenheiten selbst zu entscheiden, über die sonst der Hauptausschuss zu entscheiden hätte; hiervon hat die Gemeindevertretung erkennbar Gebrauch gemacht.
Entscheidungen zur Nutzung öffentlicher Gebäude liegen auch bei der Gemeindevertretung
Der Abschluss von Mietverträgen im Rahmen der laufenden Verwaltung des Immobilienbestandes der Gemeinde mag als „laufende Angelegenheit“ gelten können.
Dies beeinträchtigt jedoch nicht das Recht der Gemeindevertretung in einem besonderen Einzelfall zu beschließen, dass eine bestimmte Immobilie zu einem bestimmten Nutzungszweck verwendet werden soll, insbesondere dann, wenn dadurch einem maßgeblichen Bedarf der Einwohner an bestimmten Dienstleistungen Rechnung getragen werden soll.
Anders als in der Beanstandung vorgebracht, überlässt der beanstandete Beschluss die Einzelheiten der Vertragsgestaltung nun gerade dem Bürgermeister als Hauptverwaltungsbeamten.
Die Einstufung eines Gebäudes als „nicht mehr verkehrssicher“ dürfte im Übrigen der Zuständigkeit des Landkreises als Bauordnungsbehörde obliegen; Verfügungen der zuständigen Behörde, die etwa auf Nutzungsunterlassung oder das Ergreifen von Sicherungsmaßnahmen gerichtet wären, sind nicht bekannt.
Anzumerken bleibt, dass bereits die Verlagerung der zuvor auf dem Grundstück Lindenstraße 21/22 betriebenen Bibliothek in der Form, dass diese nun auf einer sehr vielen kleineren Fläche an einem anderen Ort betrieben wird, gem. § 28 Abs. 2 Ziff. 19 BbgKVerf eines Beschlusses der Gemeindevertretung bedurft hätte. Als „öffentliche Einrichtung“ ist nach § 12 BbgKVerf jede Einrichtung zu verstehen, die der kommunalen Daseinsvorsorge dient, gleich in welcher Rechtsform diese betrieben wird. Hierzu gehören insbesondere Bibliotheken. Die Fortsetzung des Betriebs auf einer wesentlich geringeren Fläche bedeutet zweifellos eine wesentliche Einschränkung.
Beschlüsse der Gemeindevertretung müssen unverzüglich umgesetzt werden
Anzumerken bleibt ferner, dass angesichts der durch den Bürgermeister selbst dargestellten Beendigung des betreffenden Mietverhältnisses zum 31. Dezember 2019 ein unverzügliches Handeln des Bürgermeisters im Sinne der Beschlussfassung erforderlich gewesen wäre. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass der gewünschte einstweilige Fortbetrieb der Postfiliale nur unter alsbaldiger Schaffung entsprechender rechtlicher Bedingungen (Fortsetzung des Mietvertrages) zu erreichen gewesen wäre.
Soweit aber ein grundsätzlich auszuführender Beschluss der Gemeindevertretung nach § 55 Abs.1 BbgKVerf zu beanstanden war oder beanstandet werden sollte, hätte dies unverzüglich erfolgen müssen. Die Notwendigkeit unverzüglicher Beanstandung ergibt sich daraus, dass die Gemeindevertretung – gegebenenfalls unter Inanspruchnahme verkürzter Ladungsfristen – kurzfristig hätte neu entscheiden können, woraufhin der Vorgang der Kommunalaufsichtsbehörde dann auch kurzfristig hätte vorgelegt werden können. Zum Zeitpunkt der tatsächlichen Beanstandung war das Ziel des beanstandeten Beschlusses (hinsichtlich Ziffer 2.) jedoch faktisch kaum noch erreichbar. rbg